Suzan Luka Kesic sieht nach wie vor großes Potential für den Bitcoin (Quelle: Cridworld)
Suzan Luka Kesic sieht nach wie vor großes Potential für den Bitcoin (Quelle: Cridworld)

Frankfurt am Main – Seit ihrem Rekordhoch von rund 64.900 US-Dollar Mitte April hat die älteste und wichtigste Cyberdevise Bitcoin schon wieder 40 Prozent ihres Wertes verloren. Trotzdem bleibt aus der Perspektive von zwölf Monaten ein sattes Plus von rund 300 Prozent. Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, hat für den Höhenflug der legendären Kryptowährung diese Erklärung: „Der Bitcoin ist nicht mehr das Nischen-Anlageobjekt, als das er vor über zehn Jahren gestartet ist. Mittlerweile investieren nicht nur private, sondern auch institutionelle Anleger wie Fonds und Banken in den Bitcoin. Da seine Anzahl auf 21 Millionen Stück begrenzt ist, führt die derzeitige Nachfrage zu einem umso höheren Anstieg seines Kurses. Und aufgrund des anhaltenden Zinstiefs nutzen ihn immer mehr Anleger als Alternative zu ihren früheren Investitionen.“

Suzan Luka Kesic: „Bitcoins sind ein knappes Gut und deshalb ähnlich inflationsresistent wie Gold“

Auch für den Investor Suzan Luka Kesic (Monedero) bleibt der Bitcoin ein Kauf. Die zuletzt aufsehenerregende Kursentwicklung ging nicht zuletzt auf das Konto des Krypto-Enthusiasten Elon Musk, der den Markt immer wieder mit seinen Äußerungen in Atem hielt. Mitte Mai gerieten viele Digitalwerte unter massiven Druck, weil der Tesla-Chef angedeutet hatte, sein Unternehmen habe einen Teil seiner Bitcoin-Bestände verkauft oder dies zumindest vor. Zu einer gewissen Markterholung kam es erst, als Musk dementiert hatte, dass sein Konzern, der Elektroautos sowie Stromspeicher- und Photovoltaikanlagen produziert, Bitcoin-Verkäufe bereits getätigt hat. 

In Turbulenzen ist die digitale Leitwährung jüngst auch geraten,weil die chinesische Zentralbank nochmals betont hat, dass Digitalwährungen nicht als Zahlungsmittel genutzt werden dürfen. In einer gemeinsamen Erklärung haben die Verbände der chinesischen Finanzindustrie ihren Mitgliedern Geschäfte mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen verboten. Die Begründung: Deren Kurse schwankten zu stark und gefährdeten damit die wirtschaftliche und finanzielle Ordnung. Seit Jahren versuchen die chinesischen Behörden der Spekulation mit Cyberdevisen einen Riegel vorzuschieben. Die Angst vor deutlichem Druck der Aufsichtsbehörden hat die größte Digitalwährung auf der Handelsplattform Bitstamp jetzt zum ersten Mal seit Anfang Februar unter die magische Marke von 40.000 Dollar gedrückt. Die zweitwichtigste Digitalwährung Ether ist um 15 Prozent auf rund 2.900 Dollar eingebrochen.

Kryptowährungen geraten auch durch die Klimaschutz-Debatte unter Druck. Um Digitalwährungen zu „schürfen“, müssen Nutzer Rechnerkapazitäten für die Verschlüsselung und Validierung von Transaktionen zur Verfügung stellen. Dieses „Mining“ verbraucht laut einer Untersuchung der Universität von Cambridge und der Internationalen Energieagentur IEA jährlich so viel Strom wie die Niederlande. Der Strom für den Schürfprozess stammt häufig aus Kohlekraftwerken und ist damit klimabelastend. Der deutsche Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold will den Ressourcenverbrauch von Kryptowährungen wie Bitcoin deshalb gesetzlich deckeln. Der ökologische Schaden sei durch das Wachstum der Cyberdevise zu groß geworden. „Solange Kryptowährungen kleine Sandkastenspiele waren, brauchte es keine Regulierung, man muss innovativen Technologien Raum zur Entfaltung geben“, so Giegold. „Aber wenn etwas in einer Größenordnung ökologisch schädlich wird, wie es das Schürfen von Kryptowährungen wie dem Bitcoin geworden ist, dann muss man eingreifen.“ Kritisch sieht die Treibhausgas-Emissionen der Kryptowährungen auch Lüder Gerken, seines Zeichens Direktor des Zentrums für Europäische Politik. Der Ökonom verlangt eine weltweite Angleichung der CO2-Bepreisung beispielsweise durch einen globalen Emissionshandel, weil stromintensive Prozesse wie das Bitcoin-Schürfen derzeit in Länder mit laxeren Klimaschutzvorgaben verlagert werden. 

Auch Tesla-Chef Elon Musk befeuerte die Diskussion um den Energieverbrauch von Kryptowährungen, indem er auf Twitter verkündete, dass Tesla aus Umweltschutzgründen nun doch keine Bitcoin-Zahlungen akzeptieren werde. Erst im Februar hatte er Tesla Bitcoins im Wert von 1,5 Milliarden Dollar kaufen lassen und angekündigt, die Digitalmünzen zur Bezahlung seiner Elektroautos zuzulassen. Daraufhin schoß der Wert der Kryptowährung in die Höhe. Aber Musk wäre nicht Musk, wenn er den Widerspruch zwischen der Entwicklung von klimaneutralen Elektroautos und der Nutzung von energieintensiven Bitcoin-Transaktionen nicht auflösen würde. So teilte der Multimilliardär mit, dass er bereits an energieeffizienteren Krypto-Lösungen arbeite. Dafür hat er sich offenbar schon mit den Dogecoin-Entwicklern zusammengetan. Dogecoins waren ursprünglich als eine Art Parodie auf den Krypto-Hype ins Leben gerufen worden. Aus ihrem Entwicklerumfeld sollen bald Ideen für eine klimaschonende Digitalgeld-Nutzung kommen. Als klimafreundlichere Variante gilt schon jetzt BitGreen. Auch hier ist es das erklärte Ziel, den Energieverbrauch beim Schürfen der digitalen Währungen und für ihre Speicherung deutlich zu reduzieren. Es soll deshalb nur Strom aus regenerativen Quellen genutzt werden. Ganz losgelöst davon, dass Kryptowährungen dank Elon Musk demnächst ihren klimapolitischen Makel los sein könnten, sind die Perspektiven für den Bitcoin weiterhin bestens.

Angesichts wachsender Inflationsgefahren empfehlen Anlageexperten in Werte zu investieren, die möglichst inflationsresistent sind. Das sind Gold, Aktien und eben Bitcoins. Der Grund, warum die erfolgreichste Cyberwährung trotzdem in vielen Anti-Inflationsportfolios fehlt, ist das unterentwickelte Verständnis für die zugrunde liegende Blockchain-Technologie. Krisenfest ist der Bitcoin, weil er wie Gold ein knappes und nicht beliebig vermehrbares Gut ist. Bedingt durch sein „Protokoll“ ist der Bitcoin auf eine maximale Anzahl von 21 Millionen Einheiten begrenzt. Deshalb sind Bitcoins eine ziemlich wertbeständige Anlage.

Einer der besten Kenner des Universums der Kryptowährungen ist Philipp Sandner. Der Direktor des Blockchain Center der Frankfurt School of Finance & Management sieht bei Bitcoin und Co. weiterhin ein enormes Innovations- und Wachstumspotenzial. Dem „Handelsblatt“ sagte er im März dieses Jahres: „Ein Bitcoin-Preis von mehr als 200.000 Dollar ist gut möglich.“ Sandner gründete nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik zunächst eine Unternehmensberatung und lehrt seit 2017 an der privaten Hochschule in Frankfurt am Main zu Bitcoin und Blockchain. 2013 wurde er auf das Thema Kryptowährungen aufmerksam: „Ich fand den Bitcoin damals technisch brillant – aber mir waren die ökonomischen Auswirkungen überhaupt gar nicht klar.“ Schnell erschloss sich der Ökonom die Funktionsweise der Blockchain-Technologie hinter dem Digitalgeld. Von der Blockchain als absolut fälschungssicherem digitalem Sammelordner schwärmt er bis heute: „Das ist im Kern ja eine Registertechnologie. Damit kann man Geld, KfZ-Zulassungen, Grundbucheinträge und einfach alles abbilden, was in einem Register verwaltet wird.“ Die Wahrnehmung des Bitcoin habe sich im Laufe der Jahre gewandelt. Inzwischen gelte er als „ein digitaler Rohstoff ganz ähnlich wie Gold“ und sei damit ähnlich inflationsresistent wie das Edelmetall. Sollte der Bitcoin-Preis tatsächlich einmal auf mehr als 200.000 Dollar steigen, wie von Philipp Sandner prognostiziert, hätte er die Wertentwicklung des Goldes weit hinter sich gelassen.

x