Die Region um Rugova könnte sich zu einer touristischen Perle entwickeln. Hier spielten die legendären Reiseerzählungen von Karl May rund um den „Schut“.
Die Region um Rugova könnte sich zu einer touristischen Perle entwickeln. Hier spielten die legendären Reiseerzählungen von Karl May rund um den „Schut“.


Peja – „Oh, wie schön ist Kosovo! Das Rugova-Tal befindet sich nahe der Stadt Peja an der kosovarischen Grenze zu Montenegro. Das Gebiet wurde 2003 zu einem Nationalpark erklärt“, schwärmte das deutsche Auswärtige Amt im Oktober 2017. Weiter hieß es in dem schön bebilderten Facebook-Beitrag: „Der mit Unterstützung der GIZ geschaffene Mehrländer-Fernwanderweg Peaks of the Balkans führt auf einer Länge von 192 Kilometern durch Albanien, Kosovo und Montenegro und dabei auch durch das Rugova-Tal.“

Dem Außenministerium in Berlin ging es darum, die Arbeit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) lobend hervorzuheben. Dieses Bundesunternehmen ist so etwas wie Deutschlands wichtigster Dienstleister in der internationalen Zusammenarbeit und unterstützt die Bundesregierung dabei, ihre internationalen Ziele für nachhaltige Entwicklungen zu erreichen. Mit knapp 23.600 Mitarbeitern in etwa 120 Ländern ist die GIZ weltweit aktiv und übernimmt vor allem für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zahlreiche Aufgaben. Die angebotenen Dienstleistungen reichen von der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung über den Einsatz für Frieden und Sicherheit bis hin zu Energie- und Umweltthemen. Leitgedanke bei allen Aktivitäten ist die soziale und ökologische Nachhaltigkeit. Das in mehr als 50 Jahren erworbene Know-how wird von der deutschen Bundesregierung, EU-Institutionen, der UNO, privaten Unternehmen und den Regierungen verschiedener Länder gerne in Anspruch genommen. Dazu gehört auch die Republik Kosovo.

Vor Jahren berichtete die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit über ihre vielfältigen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen auf dem Balkan, die beispielsweise den Tourismus und den Weinexport miteinander verzahnen sollen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die umweltschonende Entwicklung des Bergtourismus im Allgemeinen und eine länderübergreifende Wanderroute im Besonderen. Von der profitieren inzwischen viele Familien in den ländlichen Regionen des Westbalkans, weil sie plötzlich ein wirtschaftliches Auskommen in ihrer Heimat finden.

Seit 2010 hat die GIZ in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein im Dreiländereck von Kosovo, Albanien und Montenegro Wanderwege auf einer Länge von 192 Kilometern geschaffen. Jedes Jahr nutzen mehr als 10.000 Wanderfreunde diese Route in einer atemberaubend schönen Landschaft. Entlang der Strecke mit dem Namen Peaks of the Balkans wurden zwölf Gästehäuser gebaut, die sich um das Wohl der Besucher kümmern. Ein unschlagbares Argument für den Balkan-Tourismus ist die intakte Natur. Deshalb berät die GIZ auch die zuständigen albanischen Akteure in Fragen der biologischen Artenvielfalt. So entstanden in den sogenannten Albanischen Alpen zwei Naturparks mit einer Fläche von jeweils rund 20.000 Hektar. Landwirte bauen dort einheimische Gemüse- und Obstsorten an und züchten seltene Nutztierrassen. Touristenführer werden durch gezielte Schulungen in die Lage versetzt, die Gäste kompetent über alle Aspekte der Biodiversität zu informieren. Durch die Belebung des Öko- und Wandertourismus konnten fast 40 Prozent der örtlichen Haushalte ihr Einkommen steigern. Zusätzlich hilft die GIZ regionalen Weinproduzenten dabei, neue Märkte zu erschließen und damit weitere Menschen in Lohn und Brot zu bringen.

Eine besondere Anziehungskraft auf Touristen hat das Rugova-Tal mit seiner Länge von 25 Kilometern und Tiefe von 1.000 Metern. Damit ist es eine der längsten und tiefsten Schluchten Europas. 1985 wurde die Rugova-Schlucht – entstanden durch Gletscherrückzug und Wassererosion in und um Peja – zum geschützten Naturerbe erklärt. Dafür ausschlaggebend waren neben der imposanten Landschaftskulisse die botanischen, geologischen und hydrologischen Besonderheiten. Drei Kilometer entfernt von der westkosovarischen Stadt Peja beginnt sich die legendäre Schlucht immer weiter zu verengen. Dadurch entsteht das große Tal, in das der Fluss Bistrica fließt.

Dass das Naturwunder Rugova einmal zu den beliebtesten Touristen-Attraktionen im Kosovo gehören würde, war nicht immer vorstellbar. Im Kosovokrieg (1998 – 1999) war die Rugova-Schlucht heiß umkämpft. Später wurde dann – von früheren UÇK-Rebellen und mit deutscher Hilfe – der modernste Klettersteig des Balkans gebaut. Die Schlucht wird von sämtlichen Reiseportalen mit schönsten Worten bedacht. Beim „Reisemagazin online“ heißt es etwa: „In den Bergen rundum, die als Albanische Alpen bezeichnet werden, lässt es sich herrlich wandern. Der spektakuläre und fordernde Fernwanderweg Peaks of the Balkans nimmt hier seinen Ausgangs- oder Endpunkt: je nachdem, in welche Richtung man den durch drei Balkanstaaten führenden Wanderweg begehen möchte. Die zwischen Wasserfällen, Seen und hohen Berggipfeln liegenden Dörfer im Rugova-Tal sind noch sehr ursprünglich.“ Die dortigen Menschen seien ausgesprochen gastfreundlich. Wenn man schon einmal in der Gegend sei, lohne unbedingt der Besuch des serbisch-orthodoxen Patriarchenklosters Peć. Mit seinen Gräbern, Schreinen und Kunstschätzen gilt es als eine Schatzkammer der serbischen Geschichte und wurde 2006 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Neben der Schlucht verbindet sich der Name Rugova bis heute mit einem Politiker, der international hohes Ansehen genoss. Die Rede ist vom gemäßigten Führer der Kosovo-Albaner Ibrahim Rugova, der 2006 im Alter von 61 Jahren verstarb. Der Präsident der früheren Unruheprovinz wurde vom Westen als Symbolfigur des gewaltfreien Kampfes für die Unabhängigkeit der Region gefeiert und auch als „Gandhi des Balkans“ verklärt. 2002 fungierte der Schriftsteller Rugova als erster Präsident der unter UNO-Verwaltung stehenden serbischen Provinz Kosovo. Deutschland war eines der ersten Länder, das die Republik Kosovo nach der Unabhängigkeitserklärung von 2008 völkerrechtlich anerkannte und diplomatische Beziehungen zu ihr aufnahm. Aus Sicht der Bundesregierung gibt es viele Beispiele für die gute Entwicklungszusammenarbeit beider Staaten – der Mehrländer-Fernwanderweg Peaks of the Balkans ist nur eines davon.

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